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Dienstag, 30. September 2025

Dr. Oliver Arnhold: Rede zur Einweihung der Informationstafel an der Bruchmauerstraße

Dr. Bärbel Sunderbrink: Rede zur Ausstellungseröffnung in der Bruchmauerstraße

Dr. Bärbel Sunderbrink, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Redebeitrag am 10. November 2023 zur Eröffnung der Ausstellung „Spuren jüdischen Lebens in Detmold“ an der Bruchmauerstraße

 

Liebe Schülerinnen und Schüler, lieber Herr Wagner, lieber Bürgermeister Hilker, meine Damen und Herren,

das Stadtarchiv bewahrt nicht nur das historische Erbe von Detmold, es begleitet auch Projekte, die die Geschichte erforschen und für die Gegenwart und Zukunft nutzbar machen.

Dieses besondere Projekt gehört dazu. Und es ist so wichtig, denn ich bin davon überzeugt, dass Menschen, die wissen, wie Ausgrenzung in der NS-Zeit zum Völkermord führte, sensibel werden für das, was wir aktuell erleben müssen an Antisemitismus und Gewalt gegenüber Juden in unserem Land.

Geschichte wiederholt sich nicht, 2023 ist nicht 1938, aber aus der Geschichte können wir lernen, welche Mechanismen dazu führten, dass die Verfolgung der jüdischen Nachbarn ertragen und sogar mitgetragen wurde. Wir können ein bisschen dem Unbegreiflichen näherkommen, wieso die Deportation und Ermordung hingenommen wurden und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Aufbaugesellschaft lange überhaupt kein Thema waren.

Die Beschäftigung mit den Jüdischen Orten in Detmold durch die Schülerinnen und Schüler des Grabbe-Gymnasiums liegt schon einige Zeit zurück, 1 1/2 Jahre, aber die Ausstellung kann und soll Ansporn für die nächste Schüler:innengeneration sein, sich weiter auf Spurensuche zu begeben.

Es werden hier Orte jüdischen Lebens dargestellt, die von 1633, also aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, bis in die NS-Zeit reichen: 300 Jahre haben Spuren hinterlassen, die vergessen zu sein scheinen. Die Schüler und Schülerinnen hat das herausfordert, sie haben sich quasi wie Zeitdetektive durch die Stadt bewegt, um diesen Spuren nachzugehen und vor allem sie zu deuten.

Sie haben sich mit den rituellen Räumen auseinandergesetzt: Der Hofsynagoge hier ganz versteckt an der Stadtmauer, dem jüdischen Ritualbad, der Mikwe, die von einer Straße überbaut ist. Sie haben die Entwicklung nachvollzogen von einer religiösen Gemeinschaft, die lange im Hinterhof ihren Platz hatte, bis sie an der Exterstraße eine öffentlich sichtbare Bleibe fand. Sie haben sich mit der repräsentativen Synagoge an der Lortzingstraße beschäftigt, die vor genau 85 Jahren in der Nacht zum 10. November 1938 von SS- und SA- Leuten, Anhängern der NSDAP, in Asche gelegte wurde.

Außer diesen wichtigen rituellen Gebäuden haben die Schülerinnen und Schüler Orte beschrieben, die auf die Verfolgungsgeschichte im 20. Jahrhundert verweisen: Auf Geschäfte jüdischer Inhaber, die boykottiert und später arisiert wurden. Sie sind Menschen begegnet, die ermordet wurden: Felix Fechenbach, der mutige sozialistische Journalist, der ganz nahe hier im Pressehaus gearbeitet hat, bevor er 1933 auf dem Weg ins KZ brutal umgebracht wurde. Sie haben sich auch mit den Kindern beschäftigt, die in Detmold zur jüdischen Schule gehen mussten, weil das öffentliche Schulsystem sie an ihren Heimatorten nicht mehr duldete. Die Kinder mussten ihre letzten Lebensjahre vor ihrer Deportation fernab ihrer Familie leben.

Diese Geschichten sind kein einfacher Schulstoff – diese Schicksale bleiben im Kopf. Hier geht es um Schicksale, die man mitnimmt, vielleicht ein Leben lang.

Für mich als Historikerin war es spannend zu erfahren, wie Schülerinnen und Schüler mit diesen Orten umgehen. Auf welche Weise setzen sie sich mit diesen Spuren auseinander. Der Weg, die Öffentlichkeit an ihrem Blick auf die jüdischen Spuren teilhaben zu lassen, ist gelungen: Hier werden Fakten gezeigt, keine Fakes. Vielen Dank dafür!

Und Sie haben dafür einen besonderen Ort, ein besonderes Stadtquartier gewählt. Hier, an der ehemaligen Hofsynagoge wird besonders deutlich, wie eng die Symbiose zwischen jüdischem und christlichem Leben sein musste, um zu bestehen. Ganz hier in der Nähe in der Freiligrathstraße ist der große jüdische Gelehrte Leopold Zunz geboren. Auch ihm ging es darum, dass Menschen verstehen, was das Judentum ist – keine Fakes, sondern Fakten!

Wie war das Leben einer religiösen Minderheit in einer christlichen Mehrheitsgesellschaft? An dieser Stelle könnte man in Zukunft weitere Frage stellen und beantworten, denn wir wissen bislang viel zu wenig über dieses jüdische Viertel!

Die Schülerinnen und Schüler haben einen wichtigen Grundstein gelegt für eine weitere Beschäftigung mit unserer jüdischen Stadtgeschichte.

 

Die Rede als Pdf-Datei:

Redebeitrag zur Eröffnung der Ausstellung „Spuren jüdischen Lebens in Detmold“ von Dr. B. Sunderbrink

Presseartikel zur Ausstellungseröffnung in der Bruchmauerstraße am 10. 11. 2023

Der Artikel erschien mit Foto von der Eröffnungsveranstaltung.

Lippische Landes-Zeitung Online, 17.12.2023 :

Detmold macht sich auf die Suche nach "jüdischen Spuren" in der Stadt

veröffentlicht am 17.12.2023 um 16:01 Uhr

(Foto: Die Austellung zu "Jüdischen Spuren in Detmold" ist eröffnet worden. - © Stadt DetmoldDie Ausstellung zu "Jüdischen Spuren in Detmold" ist eröffnet worden. (© Stadt Detmold))

Detmold. Der Impuls kam aus einem traurigen Anlass heraus, das daraus entstandene Ergebnis ist aber umso wertvoller. Schülerinnen und Schüler des Grabbe-Gymnasiums haben eine Ausstellung auf den „Spuren jüdischen Lebens in Detmold“ mitgestaltet. Bis April 2024 können Besucherinnen und Besucher das Ergebnis in der Kernstadt bestaunen. Das teilt die Gesellschaft für Christlich-Jüdisch Zusammenarbeit Lippe in einer Pressemitteilung mit.

„Wir führten Gäste aus Israel durch die wunderhübsche Altstadt von Detmold, und dann sahen wir plötzlich das hier…“ Mit diesen Worten beschreibt Solveig Wieking, Schülerin des Grabbe-Gymnasiums und Akteurin der Israel-AG, wie unangenehm berührt sie und ihre Besucher angesichts des Anblicks der ehemaligen Hofsynagoge gewesen seien. Nach den Worten der Jugendlichen werde hier der krasse Widerspruch zwischen Wirklichkeit und Anspruch der Präsentation von Detmolder Stadtgeschichte deutlich.

Dem wollten die Schülerinnen und Schüler von der Israel-AG des Gymnasiums nach Angaben des Vereins etwas entgegensetzen und entwickelten daher ein Konzept für die Ausstellung auf Grundlage der Führung "Auf jüdischen Spuren" von Gudrun Mitschke-Buchholz. Nun kann das Ergebnis in der Kernstadt erlebt werden.

Geschichte erlebbar machen

Unter der Leitung von Elisabeth Hecker und Dr. Oliver Arnhold gestalteten die Schülerinnen und Schüler Banner mit Informationen über dieses besondere jüdische Quartier von Detmold und installierten diese an der Bruchmauerstraße gegenüber der Hofsynagoge. So können die Besucher erfahren, dass hier einst das Geburtshaus von Leopold Zunz stand und noch eine Mikwe unter der Freiligrathstraße verborgen liegt.

Im Beisein von Bürgermeister Frank Hilker und Joanne Herzberg sei die Ausstellung von Geschäftsführer Philipp Wagner im Namen der als Veranstalter auftretenden „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lippe“ eröffnet worden. Philipp Wagner habe die besondere Bedeutung des symbolhaften Handelns in den Fokus gestellt. Aus seiner Sicht biete das gemeinsame Einstehen für den Erhalt dieses historischen Gebäudes eine Chance für gesellschaftlichen Zusammenhalt in Detmold. „Es gab bereits mehrere Mahnwachen mit breiter Beteiligung, die auch die Politik und Verwaltung in der Bezirks- und Landesregierung in die Verantwortung genommen haben“, heißt es in der Pressemitteilung.

Enkelin des letzten jüdischen Vorstehers spricht persönliche Worte

Über die historische Bedeutung der Hofsynagoge im frühen 17. Jahrhundert und die Besonderheiten dieses Quartiers mit jüdischem Leben in Detmold referierte anschließend Frau Dr. Bärbel Sunderbrink als Leiterin des Stadtarchivs Detmold. Bauphysikalische Untersuchungen und auch Schriftwechsel aus der Zeit belegten die sehr frühe Nutzung dieses Gebäudes als Synagoge.

Sowohl der Bürgermeister als auch Joanne Herzberg, Enkelin des letzten jüdischen Vorstehers der jüdischen Gemeinde Detmold vor der Reichspogromnacht 1938, richteten anschließend noch sehr persönliche Worte des Dankes an die Schülerinnen und Schüler. Sie ermutigten zum weiteren Handeln und Einstehen für ein sichtbares Geschichtsbewusstsein.

Die Ausstellung bleibt bis April 2024 vor Ort. Der virtuelle Stadtrundgang ist über die Homepage der GfCJZ abrufbar. www.gfcjz-lippe.de. Dr. Oliver Arnhold bietet ebenfalls Führungen vor Ort an (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.)

 

Stellungnahme des Vorstandes der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V.

Stellungnahme des Vorstandes der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. zum Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold

Schon seit einiger Zeit verfolgen wir mit großer Besorgnis und Ärger den Streit um die Hofsynagoge in der Bruchmauerstraße 37 in Detmold.

Es ist erstaunlich und ein Glücksfall, dass dieses einzigartige, historisch äußerst wertvolle Zeugnis jüdischer Geschichte unserer Stadt Detmold bis heute stand gehalten hat. Die Errichtung des Kerngerüstes wurde auf das Jahr 1633 datiert. Und nicht nur für unsere Stadtgeschichte ist die Synagoge von hoher Bedeutung: Sie gilt als frühester Beleg für den Typ einer freistehenden Synagoge in Nordwestdeutschland. Es handelt sich um ein einzigartiges Zeugnis jüdischer Geschichte. In ganz Norddeutschland sind lediglich zwei frühneuzeitliche Hofsynagogen erhalten. Der heutige Besitzer möchte das Gebäude abreißen lassen und einen Parkplatz auf dem Grundstück errichten. Ein Bemühen um den Erhalt des jüdischen Bethauses ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Fotografien der letzten Jahre zeigen, dass die Synagoge immer mehr zerfällt und es scheint nur eine Frage der Zeit, dass dieses so bedeutende Gebäude bald nicht mehr existieren wird. Ein solcher Verlust ist unbeschreiblich.

In Stadtrundgängen und in der neuesten Auflage ihres Buches "Auf jüdischen Spuren. Ein Stadtrundgang durch Detmold" weist Gudrun Mitschke-Buchholz auf den historischen Wert und den Hintergrund der frühneuzeitlichen Synagoge hin. Darauf basierend entstand ein Stadtrundgang in digitaler Form sowie eine Ausstellung gegenüber der Hofsynagoge an der Bruchmauer, erstellt von der Israel-AG des Grabbe-Gymnasiums unter Leitung von Dr. Oliver Arnhold und Elisabeth Hecker.
Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Prof. Matitjahu Kellig, engagiert sich im hohen Maße für den Erhalt der Synagoge: Er berichtet in diversen Beiträgen in den Medien über den hohen Stellenwert und den Skandal des Zerfalls der Synagoge. Seine Forderung: Die Hofsynagoge soll restauriert werden und es soll z.B. ein Museum zur jüdischen Geschichte in Detmold entstehen - ein Ort der Begegnung und des Dialoges.
Die hohe Bedeutung dieses Zeugnisses frühneuzeitlicher jüdischer Spuren in Detmold wurde zudem in den letzten Wochen in unterschiedlichen Medien deutschlandweit verbreitet.

Neben der Hofsynagoge gibt es in unmittelbarer Umgebung zwei weitere erwähnenswerte Zeugnisse frühneuzeitlicher jüdischer Geschichte in Detmold: (1) Eine Mikwe, ein jüdisches Tauchbad zur rituellen Reinigung, die sich unter der Straße ungefähr auf der Freiligrathstraße 2 befindet. Lediglich eine kleine Hinweistafel weist auf deren Existenz unter der Erde hin. (2) Das Geburtshaus von Leopold Zunz, das in der Krummen Straße stand und 1909 abgerissen wurde. Eine Gedenktafel erinnert an ihn, der ein wichtiger Reformer des Judentums war. Dies einbezogen, lässt sich ein kleines frühneuzeitliches jüdisches Viertel in Detmold um die Bruchmauerstraße vermuten. Ein wichtiges Kapitel und damit Teil der Detmolder Stadtgeschichte.

Leider mussten wir in Gesprächen mit Bürger*innen Detmolds häufig feststellen, dass dieser Teil der Geschichte unserer Stadt weitgehend nicht oder lediglich lückenhaft bekannt ist. Die frühneuzeitliche jüdische Geschichte Detmolds ist nicht im kollektiven Gedächtnis in Detmold verankert. Dies möchten wir ändern.

Wir fordern daher die Sichtbarmachung jüdischer Spuren in Detmold, den Erhalt dieser Spuren, diese einzubringen in die Gedenkkultur der Stadt und damit ins kollektive Gedächtnis. Eine Mikwe, die unter der Erde vergraben ist, ein berühmter jüdischer Reformer, der in Detmold weitestgehend unbekannt ist und eine frühneuzeitliche Hofsynagoge, die ihrem Zerfall überlassen wird, sind ein Skandal und lassen ein nicht berechtigtes Licht auf die Detmolder Gedenk- und Erinnerungskultur werfen. Es erscheint, dass die frühneuzeitliche jüdische Geschichte der Stadt verborgen wird. Wir, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, wissen, dass dem nicht so ist. Durch unsere stets gute Zusammenarbeit u.a. mit der Stadt und den Archiven wissen wir, dass die Aufarbeitung und das Gedenken und Erinnern jüdischer Spuren in Detmold eine uns gemeinsame Herzensangelegenheit ist.

Gemeinsam sollten wir - und damit meinen wir nicht nur die Institutionen, Vereine und Organisationen, sondern jede/n einzelne/n Bürger*in Detmolds - uns für den Erhalt, die Sichtbarmachung und die Verbreitung an die Öffentlichkeit dieser jüdischen Spuren in Detmold einsetzen. Wir sollten diese Spuren jüdischen Lebens als das wertschätzen, was sie sind: ein ganz besonderes Kulturgut und ein wertvoller Teil unserer Stadtgeschichte. Wir sollten uns bewusst sein, dass es ein Glücksfall ist, dass die Hofsynagoge und die Mikwe all die Jahre erhalten geblieben sind und uns dafür einsetzen, dass der Erhalt auch in den nächsten 100 Jahren gegeben sein wird. Wir als Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit befürworten jegliche rechtlich-legitimen Bemühungen, die Synagoge zu erhalten.

Außerdem fordern wir Herrn Schnelle dazu auf, die Hofsynagoge an die Stadt zu verkaufen, so dass eine angemessene Restaurierung und Nutzung in dem von Herrn Prof. Kellig beschriebenen Sinne möglich sein wird.